Tchibo-Marketing-Chef: Die große Kunst ist es, User an Prozessen zu beteiligen

Seit sieben Jahren betreibt Tchibo die Innovationsplattform Ideas. Inzwischen ist sie zum universellen Kommunikations-Hub gewachsen. Mitmachmarketing ist für Tchibo-Marketing-Chef Wolfgang Merkle der Schlüssel im Kampf gegen Aufmerksamkeitsverlust.

Welche Rolle spielt Kundenpartizipation im Marketing Mix bei Tchibo?

Der Kunde bekommt immer mehr Botschaften, er hat immer weniger Zeit und viel Kunden sind in dieser fragmentierten Medienlandschaft sehr schwer zu erreichen. Daher suchen wir nach möglichst relevanten Botschaften, Stichwort Content Marketing. Wenn wir den Kunden spannende Themen liefern, bekommen wir einen Draht zu ihnen. Das lässt sich steigern, wenn wir die Kunden dazu bringen, das auch noch weiter zu empfehlen. Und die große Kunst ist es, die User an Prozessen zu beteiligen. Das versuchen wir inzwischen auf vielen Ebenen. Kunden können Produkte testen, bewerten, an Workshops und Marktforschungen teilnehmen und sie können Vorschläge für eigene Produkte einreichen. Dafür gibt es unsere Plattform Tchibo Ideas.

Tchibo Ideas war ein ehrgeiziges Projekt im Crowdsourcing. Hat die Veränderung den Co-Creation-Ansatz nicht verwässert?

Nein, im Gegenteil. Crowdsourcing ist doch nicht nur Co-Creation. Wir haben die Einstiegsschwelle drastisch gesenkt. Es gibt doch viel mehr Kunden da draußen, die an kleineren Aktionen gerne teilnehmen, als dass es kleine Erfinder gibt, die neue Produkte ertüfteln.

Das ganze Projekt ist also eine Maßnahme die vor allem der Kundenbindung dient.

Ja, aber nicht nur. Wenn es gut funktioniert, dann werden über Empfehlungsmarketing auch Neukunden auf uns aufmerksam und wir können auf diesem Weg Leads generieren.

Welchen Umfang hat das Projekt, gemessen am gesamten Marketing Mix?

Zahlen kann ich keine nennen, aber der gesamte Bereich digitale Kommunikation ist inzwischen die zweitstärkste Säule im MarketingMix neben der Klassik. Tchibo Ideas ist da auch kaum isoliert zu betrachten, weil die Mitarbeiter in der Social Media Redaktion das zum Teil auch machen.

Nach 18 Monaten Tchibo Ideas im neuen Gewand. Was konnten Sie lernen?

Dass die Interaktion umso größer ist, je besser wir die individuellen Interessen der Kunden treffen. Das gilt nicht nur für Reichweiten-Themen wie funktionale Sportbekleidung, sondern eben auch für eher kleinere Themen wie „Große Größen“. Was wir außerdem gelernt haben ist, dass es einen neuen Typus Marketing-Mitarbeiter braucht. Der muss eben nicht mehr One-Way denken sondern dialogisch.

Konnten Sie das mit dem bestehenden Personal bewältigen?

Zum Teil. Wir haben umgeschichtet, und ein paar neue Mitarbeiter haben wir auch.

Haben sich Prozesse geändert?

Nicht besonders. Aber es hat sich als zusätzlicher Input-Kanal im Unternehmen herum gesprochen. Inzwischen kommen die Produktentwickler zu uns und fragen, wann es die nächste Aktion zu ihrem jeweiligen Produktbereich gibt. Das Projekt hat intern einen gewaltigen Sog entfaltet.

Trauen die Kunden Tchibo inzwischen eine solche Offenheit zu oder müssen Sie das aktiv bewerben?

Im Wesentlichen verweisen wir aus unseren Social Media Kanälen auf die laufenden Aktionen. Da kommt mal ein Sponsored Post hinzu aber ein Display Banner würde wir eher nicht schalten. Hier profitieren wir natürlich von unseren wöchentlichen Themenwelten im Produktangebot. Das hält das Aufmerksamkeitsniveau konstant hoch.

Könnte eine solche Kommunikation durch eine Agentur geleistet werden?

 Nein, und das sollte sie auch nicht. Das gehört ins Herz des Unternehmens.

Sehen Sie in Zukunft noch mehr direkte Kommunikation zwischen Ihnen und dem Endkunden, ohne die Beteiligung von Agenturen?

Die Bedeutung des digitalen Dialogs wird weiter zunehmen, also wird hier auch unsere interne Produktionsleistung zunehmen. Das kann aber den Dialog mit einer Agentur nicht ersetzen. Vor allem in der Strategieberatung ist die Agentur als kreativer Sparingspartner nicht zu ersetzen. Die hat auch den Seitenblick auf andere Projekte, der uns fehlt.

Geschieht das heute eher Projekt-bezogen als noch vor zehn Jahren?

 In der Strategieberatung nicht. Da braucht man eine gewisse Kontinuität. In der Produktion ist das anders. Da kann ich heute aus einem Pool toller Agenturen schöpfen und das Angebot wählen, dass zu meiner Kampagne am besten passt.

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